Annett Leisau

Das Hören ist entscheidende Voraussetzung für die Sprachentwicklung. Ohne Hören entwickelt sich die verbale Sprache nur rudimentär. Aber nicht nur für die Sprache ist das Hören wichtig: Die gesamte kognitive Entwicklung ist eng mit dem auditiven Sinn verbunden. So fördern Hören, Hinhören und Zuhören z.B. die Konzentration auch in anderen Bereichen. Dies kann man beispielsweise daran erkennen, dass konzentriertes Hören mit einer erhöhten Körperspannung einhergeht (vgl. Roux, 2005. S. 24).

Hörerziehung im Kindergarten
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Kinder sind prinzipiell dafür ausgestattet, alle Bereiche der auditiven Wahrnehmung auf einem hohen Niveau zu erwerben und somit ihren eigenen Spracherwerb tatkräftig zu unterstützen. Aber sie brauchen Zeit und Möglichkeiten, ihren Hörsinn zu schärfen, ihre Fähigkeiten im Bereich der auditiven Wahrnehmung zu trainieren und zu festigen. Dazu ist eine angenehme – vor allem nicht zu laute – Umgebung nötig. Kinder müssen die Möglichkeit haben, einfach nur zu hören, einer interessanten Geschichte oder Unterhaltung zuzuhören und bestimmten Geräuschen zu lauschen.

In der Hörerziehung geht es darum, dass die Kinder sich spielerisch mit dem Thema Ohr und Hören auseinandersetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die aufeinander aufbauen (vgl. Roux 2005, S. 23 ff.):

  1. die Kinder spielerisch an das Thema heranführen, z.B.:
    • fremde Ohren betasten und den „Inhaber“ erraten,
    • Collage mit Ohren/Tierohren erstellen,
    • Spiele mit Stimmgabeln oder leisen Musikinstrumenten,
    • Durchführung eines Projekttages „Ohr“
  2. eine hörfreundliche Umgebung herstellen,
  3. die Förderung der auditiven Wahrnehmung von nichtsprachlichen Reizen (Musik, Lauschen und Hinhören bei Tönen und Geräuschen) und
  4. die Förderung der auditiven Wahrnehmung sprachlicher Reize.

Hörfreundliche Umgebung

Zunächst geht es einmal darum, eine hörfreundliche Umgebung zu gestalten. Eine solche Umgebung fördert die Sprachentwicklung der Kinder und minimiert gleichzeitig die stimmliche Belastung der ErzieherInnen. Dazu können gehören:

  • Verzicht auf lärmendes Spielzeug,
  • Einrichtung eines Hör- bzw. Ruheraumes oder einer Hörecke,
  • möglichst auf „Nebenbei-Berieselung“ durch Musik, Hörgeschichten usw. verzichten, da das Hören der Kinder dadurch unempfindliche gemacht wird (vgl. Roux, 2005, S. 27). Durch ständige akustische Reize tritt eine Habituation (Gewöhnung) ein. (Augen kann man schließen, Ohren nicht.)
  • Akustische Medien sollten nur ganz gezielt eingesetzt werden.

Spiele zur Förderung der auditiven Wahrnehmung

Unter Förderung der auditiven Wahrnehmung wird auf der einen Seite eine Förderung von allgemeinen Wahrnehmungsfunktionen, wie das Hören und Differenzieren von nichtsprachlichen Reizen (Klänge, Geräusche), auf der anderen eine spezifische Förderung der Wahrnehmung und Verarbeitung sprachlicher Reize (Sprachlaute, Silben, Wörter, Sätze) im Rahmen einer Sprachbildung bzw. Sprachförderung verstanden.

„Die Förderung der auditiven Wahrnehmung beginnt mit Spielen, die ein intensives „Hinhören“ erfordern. Besonders geeignet sind Spielsituationen, die einen hohen Grad von Spannung haben, in denen die Kinder von sich aus leise werden, um die gestellte Aufgabe erfüllen, ein Problem lösen zu können“ (Zimmer, 2012, S. 92 f.).

Die auditive Wahrnehmungsförderung nichtsprachlicher Reize kann sich auf folgende Bereiche erstrecken:

  • Geräusche hören und Geräuschquellen herausfinden,
  • Geräusche erzeugen (mit Instrumenten und mit Gegenständen),
  • mit Geräuschquellen experimentieren und sie unterscheiden können,
  • die Qualität von Geräuschen und Klängen erkennen,• Klänge und Geräusche in Bewegung umsetzen.

Intensive Hörerlebnisse sind vor allem dann möglich, wenn das Sehen – der dominanteste aller Sinne – ausgeschaltet wird: Mit geschlossenen Augen gelingt die Konzentration auf das Gehörte“ besser.

Quellen:
Roux, (2005): PISA und die Folgen. Sprache und Sprachförderung im Kindergarten (VEP-Aktuell, Band 5). Landau: Verlag Empirische Pädagogik.
Zimmer, Renate (2012): Handbuch Sinneswahrnehmung. Grundlagen einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung. 2. Aufl. der überarb. Neuauflage Freiburg, Herder Verlag.

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